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Martine Seibel

Interview - 14.04.2023 - erschienen in: Deutsches Handwerksblatt 04/2023, Kammer-ReportDas Ehrenamt im Prüfungsausschuss

Ihr Beitrag zum Handwerk ist unbezahlbar: Zahlreiche ehrenamtliche Prüferinnen und Prüfer sichern durch ihr Engagement den Fachkräftebedarf in der Region und garantieren ein faires und sicheres Prüfungsverfahren.

Für viele junge Menschen ist die Gesellenprüfung der letzte große Schritt, um nach Jahren der Ausbildung und Vorbereitung ihre Lehre – und damit einen wichtigen beruflichen Lebensabschnitt – abzuschließen. Mit der bestandenen Prüfung erreichen sie den Stand des Gesellen und schaffen die Grundlage für ihr weiteres Berufsleben. Darauf kann auch eine anschließende Fortbildung zum Meister aufbauen.

Bevor es zur Gesellenprüfung kommen kann, ist es die Aufgabe der Handwerkskammern, entsprechende Prüfungsausschüsse einzurichten, die sich um die Zulassung, Durchführung und die Abnahme der Prüfungen kümmern. Doch welche Personen nehmen sich dieser verantwortungsvollen Aufgabe der Prüfung des Berufsnachwuchses an? Hier zeigt sich, wie untrennbar das Handwerk mit dem Ehrenamt verbunden ist: Knapp tausend Prüfer zählt die Riege der Fachfrauen und -männer, die sich zurzeit in den Gesellenprüfungsausschüssen der Handwerkskammer der Pfalz ehrenamtlich betätigen. Darunter Arbeitnehmer-, Arbeitgeber- und Lehrervertreter, die sich aus persönlichem Antrieb und neben ihrem eigentlichen Beruf für die Ausbildung im Handwerk stark machen. Sie gewährleisten, dass die Handwerkskammer ihre gesetzlich auferlegten Aufgaben erfüllen kann, darunter das Prüfungswesen. So nutzt die Selbstverwaltung im Handwerk den Praxisbezug und die Kompetenz der ehrenamtlich tätigen Ausschussmitglieder.

Martin Seibel aus Maikammer ist Zahntechnikermeister und Vorsitzender des Gesellenprüfungsausschusses der Handwerkskammer der Pfalz für das Zahntechnikerhandwerk. Wir haben uns mit ihm über seine Motivation und die Aufgaben unterhalten, die mit seinem Ehrenamt einhergehen.

DHB: Wie sind Sie zu Ihrem Ehrenamt als Prüfer im Gesellenprüfungsausschuss gekommen?

Seibel: Ich bin durch meinen Vater darauf aufmerksam geworden, der selbst Mitglied des Prüfungsausschusses war und mich fragte, ob ich ebenfalls daran Interesse hätte. Das war zu der Zeit, als ich die Meisterschule in Freiburg besuchte. Zuerst wurde ich als stellvertretendes Mitglied im Prüfungsausschuss als Aufsicht eingesetzt. Als mein Vorgänger später sein Amt als Vorsitzender niederlegte, wurde ich schließlich ordentliches Prüfungsausschussmitglied als Arbeitgebervertreter und Vorsitzender des Prüfungsausschusses im Zahntechnikerhandwerk.

DHB: Welche Voraussetzungen muss man mitbringen, um Prüfer zu werden?

Seibel: Um Prüfer zu werden, muss man die Voraussetzungen erfüllen, die in der Gesellenprüfungsordnung der Handwerkskammer der Pfalz festgelegt sind: In zulassungspflichtigen Handwerken müssen die Arbeitgeber selbst im entsprechenden Handwerk Meister oder zum Ausbilden berechtigt sein. Die Arbeitnehmer müssen die Gesellenprüfung abgelegt oder einen anerkannten Ausbildungsberuf gelernt haben und im zu prüfenden Handwerk tätig sein. Neben einem Arbeitgebervertreter und einem Arbeitnehmervertreter ist das dritte ordentliche Prüfungsausschussmitglied ein Lehrervertreter. Persönlich sollte man auf jeden Fall die Fähigkeit besitzen, objektiv urteilen und bewerten zu können. Auch Teamfähigkeit ist wichtig und nicht zuletzt die Bereitschaft, die benötigte Zeit für das Ehrenamt aufzubringen. Denn dieses nimmt im Laufe des Jahres doch eine gewisse Zeit in Anspruch – nicht nur das Amt der drei ordentlichen Prüfungsausschussmitglieder, die die Prüfungen bewerten und über Bestehen und Nichtbestehen entscheiden, sondern auch das der Stellvertreter, die die Aufsicht bei den Prüfungen übernehmen. Dessen sollte man sich im Vorfeld bewusst sein.

Zahntechnikermeister Martin Seibel im Labor
Martin Seibel
Zahntechnikermeister Martin Seibel im Labor

DHB: Wie profitieren Sie persönlich beziehungsweise Ihr Betrieb von dieser Tätigkeit?

Seibel: Ich persönlich erweitere dadurch stetig meinen Horizont – sowohl zwischenmenschlich als auch fachlich. Man bekommt einen guten Einblick, auf welchem Stand das handwerkliche Können der Auszubildenden betriebsübergreifend ist. Außerdem habe ich durch mein Amt immer einen guten Überblick über die Gesamtzahl der Zahntechnikerlehrlinge in unserem Kammerbezirk. Viel zu wenige, aber dieses Problem ist ja bekannt. Immer wieder spannend und lehrreich ist auch der Austausch mit meinen Kollegen über fachliche Themen.

DHB: Welche konkreten Aufgaben hat ein Prüfer im Gesellenprüfungsausschuss?

Seibel: Die Prüfer erstellen die Prüfung, sorgen dafür, dass diese ordnungsgemäß durchgeführt wird und bewerten anschließend die Prüfstücke. Zum Glück verteilen sich diese Aufgaben auf viele Köpfe, sodass dies gut zu bewältigen ist. Als Vorsitzender muss ich außerdem die Zulassungen aussprechen und darf die Zeugnisse unterschreiben. Auch von der Handwerkskammer werden wir in der Prüfungskommission tatkräftig unterstützt. Wir setzen uns im Prüfungsausschuss immer für die Prüflinge ein. So haben wir zusammen mit der Handwerkskammer und der Berufsschule dafür gesorgt, dass die neue Ausbildungsordnung an der Berufsschule umgesetzt werden kann. Dort wurde nun in die Digitalisierung investiert. Das hilft nicht nur im praktischen Unterricht in der Schule, sondern erhält auch den Standort Ludwigshafen als Prüfungsort. So können die Auszubildenden die Prüfung in ihrer Region ablegen. Gerade heute, wo sich leider zu wenige junge Menschen für einen Handwerksberuf entscheiden, ist es umso wichtiger, die regionalen Angebote auszubauen: die Betriebe vor Ort zu unterstützen und kurze Wege zu schaffen. Vielen Dank an alle, die uns dabei helfen, dieses Ziel umzusetzen!

DHB: Die Tätigkeit im Ehrenamt ist auch immer mit Aufwand verbunden. Würden Sie trotzdem anderen Handwerkern empfehlen, Prüfer zu werden?

Seibel: Aus meiner Sicht kann ich das nur empfehlen. Es macht mir persönlich sehr viel Spaß – und das ist ja letztlich das Wichtigste, wenn man eine Aufgabe übernimmt. Dass man das Amt mit Freude und Leidenschaft ausfüllt.

DHB: Welchen Rat möchten Sie Ihren Prüflingen mit auf den Weg geben?

Seibel: Lasst euch nicht von Hürden oder Steinen auf dem Weg während eurer Ausbildung verunsichern. Zahntechniker ist meiner Meinung nach einer der schönsten Berufe. Die Mühe und die lange Ausbildungszeit lohnen sich, denn man hat anschließend einen kreativen und anspruchsvollen Arbeitsplatz sicher. Im Moment werden Zahntechniker händeringend gesucht. Wenn sich in den nächsten Jahren hoffentlich die Vergütung noch etwas verbessert, ist es der perfekte Job. Aber auch heute hat man diesbezüglich schon eine gute Verhandlungsposition, da sehr viele Fachkräfte fehlen.



Zahlen, Daten Fakten: Gesellenprüfungsausschuss
Die Aufgaben eines Prüfungsausschusses sind in der Handwerksordnung (HwO), im Berufsbildungsgesetz (BBiG) und in den kammerspezifischen Prüfungsordnungen festgehalten. Demnach muss der Prüfungsausschuss die in den einzelnen Prüfungsordnungen formulierten Regelungen umsetzen. Er entscheidet über die Zulassung zur Prüfung, beschließt die Prüfungsaufgaben und kümmert sich um die sachgerechte Durchführung der Prüfung. Seine wesentliche Aufgabe liegt jedoch in der Abnahme der Prüfung: die Feststellung des Leistungsstandes, die Bewertung der erbrachten Prüfungsleistungen – einschließlich Dokumentation – und die abschließende Bescheinigung.

Bei der Handwerkskammer der Pfalz gibt es aktuell 80 aktive Gesellenprüfungsausschüsse, in denen 1.115 Prüfer berufen sind. 128 Prüfer sind in mehreren Ausschüssen tätig. Das bedeutet, dass sich 987 Personen ehrenamtlich in den Gesellenprüfungsausschüssen engagieren. Sie nehmen Prüfungen in insgesamt 44 verschiedenen Ausbildungsberufen ab. Im Jahr 2022 wurden so 3.656 Auszubildende geprüft, davon 2.007 Gesellenprüfungen und 1.649 Zwischen- oder Gesellenprüfungen Teil 1.