18.06.2021 - erschienen in: Deutsches Handwerksblatt Nr. 10, Regionalausgabe PfalzDigitalisierung und handwerkliches Können sind ein guter Mix
Bei ihren virtuellen Treffen am 15. April und 31. Mai diskutierten die Arbeitnehmervertreter mit weiteren Teilnehmern der Perspektive Selbstverwaltung (PerSe Plus) aktuelle Themen im Handwerk.
Auf Initiative des Arbeitnehmer-Vizepräsidenten Michael Lehnert diskutierten die Arbeitnehmervertreter aus dem Vorstand der Handwerkskammer der Pfalz mit Vertretern des Kolpingwerks und der Gewerkschaft sowie dem Präsidenten der Handwerkskammer, Dirk Fischer, und dem Arbeitgeber-Vizepräsidenten Michael Wafzig im Rahmen des Bildungsprojektes „Perspektive Selbstverwaltung“ (PerSe Plus) aktuelle Herausforderungen und Themen, die das Handwerk bewegen. Handwerkspolitische Positionen und Fragestellungen aus den Reihen der Arbeitnehmervertreter werden in regelmäßigen Abständen im Projektkreis lebhaft diskutiert und Lösungsansätze erarbeitet. So lud Michael Lehnert im April in Kooperation mit dem Bildungswerk Saarland Arbeit und Leben erstmals Vertreter aus Handwerksbetrieben, Gewerkschaften und der Handwerkskammer zu einer virtuellen Veranstaltung zum Thema „Selbstverwaltung – Gesetzgebung – Politisches Mandat“ ein. Handwerkskammern können sich im Rahmen ihres politischen Mandats zu verschiedenen gesellschaftlichen und handwerkspolitischen Themen äußern. Referent Helmut Dittke, beim IG Metall Vorstand zuständig für Handwerk und KMU, diskutierte mit den Teilnehmern, zu welchen relevanten gesellschaftspolitischen Themen sich eine Handwerkskammer äußern sollte und wie sich die Mitglieder der Vollversammlung in ein Gesetzgebungsverfahren einbringen können.
Beim virtuellen Treffen Ende Mai setzten die Arbeitnehmervertreter das Thema „Digitalisierung im Handwerk“ auf die Tagesordnung. Digitalisierung und Handwerk klingt für viele immer noch nach einem Widerspruch – steht doch gerade das Handwerk für das Erschaffen „mit den Händen“ und weniger für die Nutzung digitaler Technik. Digitale Technologien sollen aber nicht die Handwerkskunst ersetzen, sondern sie intelligent und sinnvoll ergänzen. „Viele Arbeitsfelder und auch die Ausbildung im Handwerk verändern sich durch die Digitalisierung“, skizzierte Dirk Fischer, Präsident der Handwerkskammer der Pfalz, die derzeitige Entwicklung.
Martin Müller, Beauftragter für Innovation und Technologie der Handwerkskammer der Pfalz, zeigte, wie digitale Technologien effektiv zur Kommunikation mit Kunden und Auszubildenden genutzt werden können. Müller lud die Teilnehmer zu einem virtuellen Rundgang durch das Berufsbildungs- und Technologiezentrum Kaiserslautern ein und erläuterte die Funktionen, Vorteile und Einsatzmöglichkeiten der Software. „Gerade für die junge Generation haben virtuelle Rundgänge eine Art von ‚Gamification‘-Faktor, einen spielerischen Charakter zur Orientierung“, so Martin Müller. „Videos kommen bei den jungen Menschen generell besser an als reine Textvorlagen.“ Steffen Kluge, Abteilungsleiter des Berufsbildungs- und Technologiezentrums in Kaiserslautern, stellte „Moodle“ als Lernplattform und Kursmanagementsystem mit seinen Einsatzgebieten und Möglichkeiten vor, das in der Überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung der Handwerkskammer zur Unterstützung kooperativer Lehr- und Lernmethoden genutzt wird. „Mit der Software ‚Moodle‘ ist die Verwaltung von Nutzern, Kursen und neuen digitalen Lehrinhalten wie etwa Erklärvideos sowie die Dokumentation von Ergebnissen möglich“, erklärte Steffen Kluge die Vorteile des Programms.
Die Arbeitnehmervertreter wiesen explizit darauf hin, dass die stetig fortschreitende Digitalisierung im Handwerk neben den unbestrittenen Chancen und Vorteilen auch ein gewisses „Gefahrenpotenzial“ berge und dass das praktische Arbeiten keinesfalls durch das Anschauen eines YouTube-Videos ersetzt werden könne. Die praktische Ausbildung vor Ort in den Bildungszentren sowie in den Betrieben und die Digitalisierung müssten Hand in Hand gehen, um den Ausbildungserfolg zu gewährleisten. Wichtig seien die praktischen Kenntnisse und Erfahrungen, die auf einem technologisch hohen Niveau von einer Generation an die nächste weitergegeben werden. „Darum müssen wir technisch auf dem allerneuesten Stand sein. Auch die Risiken beim Einsatz dieser Technik zu sehen, ist wichtig. Wir müssen ganz nah die Entwicklung begleiten und dürfen uns nicht in ein Schneckenhaus zurückziehen, sonst wären in ein paar Jahren die Folgen für das gesamte Handwerk fatal“, erläuterte Fischer die Bedeutung einer modernen Ausstattung in den Berufsbildungsstätten der Handwerkskammer.
„Digitalisierung und qualifizierte Facharbeit sind ein guter Mix – diesen goldenen Weg sollten wir gehen“, resümierte Helmut Dittke die Veranstaltung. Bei den nächsten Treffen der Perspektive Selbstverwaltung stehen die Themen „Menschen mit Fluchthintergrund im Handwerk“ und „Nachhaltigkeit im Handwerk“ auf der Agenda.