19.02.2021 - erschienen in: Deutsches Handwerksblatt Nr. 3, Regionalausgabe PfalzEinen Handwerksbetrieb gesucht und gefunden
Steinmetzmeisterin Valerie Benz übernimmt einen fast 100 Jahre alten Steinmetzbetrieb und blickt optimistisch in die Zukunft.
Ein freiwilliges Jahr in der Denkmalpflege, das Valerie Benz nach dem Abitur bei einem Steinmetz in Bamberg absolviert hat, war richtungsweisend für ihren späteren beruflichen Lebensweg: Anfang Januar 2021 hat die 27-Jährige einen Steinmetzbetrieb in Oggersheim übernommen.
„Ich habe am Beruf des Steinmetz Gefallen gefunden“, sagt die junge Frau aus der Nähe von Karlsruhe. Die Ausbildung zum Steinmetz war für sie ein Sprungbrett, ihre Kenntnisse zu vertiefen und die Staatliche Fachschule für Steintechnik und Gestaltung in Wunsiedel im Fichtelgebirge zu besuchen. Warum sie 2017 neben dem Meisterbrief als Steinmetzund Steinbildhauerin zusätzlich die Prüfung zur Staatlich geprüften Steintechnikerin abgelegt hat, macht sie schnell plausibel. Der Steinmetz sei mehr handwerklich orientiert, der Steintechniker mehr in der Maschinenführung, Steine zu bearbeiten.
Für einen Beruf, der in der Vergangenheit mehr beim männlichen Geschlecht gefragt war, hat sie sich entschieden, weil sie von klein auf immer gerne in der Natur unterwegs war und mit Holz gewerkelt hat. War Valerie Benz in der Berufsschule mit drei Mädels in einer Klasse, war sie in der Klasse der Meisterschule die einzige Frau. Was das Gewicht ihrer Bearbeitungsstücke angeht, macht sie sich die Gesetze der Physik zu eigen. „Ich nutze die Hebelwirkung und die Unterstützung durch Maschinen.“
Nach je anderthalb Jahren Tätigkeit in Steinmetzbetrieben im Schwarzwald und im Hunsrück hielt sie Ausschau nach einem eigenen Betrieb. Dabei kam ihr die Handwerkskammer der Pfalz zu Hilfe. Bei der Suche, welche Steinmetzbetriebe zur Übernahme anstehen, entschied sie sich für den Betrieb von Werner Wetzler in Oggersheim. Ein Handwerksbetrieb, der auf das Jahr 1923 zurückgeht, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Friedhof liegt und mit Natursteinen und Grabmälern handelt. In einer Zeit, in der so manchem Betrieb coronabedingt die Luft dünn wird, hat Valerie Benz die Ärmel hochgekrempelt und in ihre Zukunft investiert. Stück für Stück will sie dem übernommenen Steinmetzbetrieb ein zeitgemäßes Gesicht geben. Einen neuen Anstrich hat bereits der Geschäftsraum bekommen. In ihm dominiert die Farbe Grau. Ebenfalls in Grau und mit einem Akzent Gold hat Valerie Benz ihre Visitenkarten in Auftrag gegeben. „Der Geschäftsraum soll neue Lampen erhalten, die Ausstellung soll verändert, der Eingang verlegt werden“, so ihre Vorstellungen. Der Maschinenpark mit Werkzeugen zum Sägen und Schleifen von Steinen sei in Ordnung. „Ein eigenes Geschäft eröffnen, wo andere Läden schließen, fühlt sich schon komisch an“, räumt die neue Inhaberin ein. Doch ein Betrieb wie dieser laufe immer, verweist sie auf den Wunsch von Hinterbliebenen nach einem Grabstein für verstorbene Angehörige und die Herrichtung des Grabes.
Darüber hinaus kann sie sich vorstellen, in Sparten wie Restaurierung, Neubau und Fassadengestaltung tätig zu sein. Valerie Benz, die aus einer Unternehmerfamilie stammt, will nicht nur am Schreibtisch sitzen. Sie will mit anpacken und ihre drei Mitarbeiter, die sie übernommen hat, bei der Arbeit unterstützen. In Erwägung gezogen hat sie weiterhin, Bildhauerkurse anzubieten. An Ideen mangelt es ihr nicht. Dass viele der Grabsteine aus Indien und China kommen, sieht sie nicht gerne. „Das wird sich langsam ändern“, führt sie das wachsende Umweltbewusstsein an. Neben dem Arbeitsleben ist ihr das Privatleben wichtig. „Work-Life-Balance muss sein“, freut sie sich auf einen Ausgleich beim Wandern in der Natur.