Erfahrungsbericht Paul, Mechatroniker Fachkraft - 4 Wochen in Irland
Hallo, ich heiße Paul und bin 22 Jahre alt. Mitte Juni 2022 habe ich meine Ausbildung als Mechatroniker abgeschlossen und wollte bis zu meinem Studienbeginn im September noch unbedingt etwas reisen und das Ganze mit etwas Sinnvollem verbinden. Über meine Eltern kam ich dann auf das Erasmus+ Programm und hab mich mit Frau Venturella in Verbindung gesetzt. Da ich in ein englisch-sprachiges Land wollte und die Zeit nicht mehr für ein Visa reichte, grenzte sich die Auswahl schnell auf Malta, Irland und die skandinavischen Länder ein. Da die IHK Irland sich als erstes meldete und ich eh schon immer mal dort hinwollte, war die Wahl schnell getroffen.
Rora-Motion, wo ich mein Auslandspraktikum vollzogen habe, ist eine deutsche Firma für Spritzgussteile, welche ihre Produktion jedoch teilweise nach Tralee in Kerry, Irland ausgelagert hat. Hauptabnehmer der Teile, die von einfachen O-Dichtungsringen aus Silikon bis zum komplexeren Rohrverbindern aus Hartplastik reichen, sind größtenteils die Automobil- und Luftfahrtsindustrie. Zu der Produktion gehören hier auch noch eine komplexe Qualitätssicherung, der Verpackungs- und Versandbereich und mehrere Büros für das komplette Management und den Einkauf.
Alle der Mitarbeiter waren superfreundlich und hilfsbereit und 3 von ihnen in meinem Alter: die zwei Azubis Dylan und Mark und der frisch ausgelernte Werkzeugmechaniker Sean. Mit ihnen verbrachte ich den Großteil meines Arbeitstages und auch einen kleinen Teil meiner Freizeit. Shane, der Leiter des Wartungsteams, war auch gleichzeitig eine Art Ausbilder und brachte mir vieles im Bezug auf Mechanik bei, was ich aus meiner Ausbildung noch nicht kannte. Zum Beispiel wie man Hydrauliksysteme baut und abdichtet.
Der Arbeitstag begann immer damit die Formen aus einer der Maschinen auszubauen, zu sandstrahlen und wieder einzubauen, was alles in allem immer nur eine halb/dreiviertel Stunde in Anspruch nahm. Danach waren die Aufgaben abwechslungsreich: mal ersetzten wir einen durchgeschmorten Stecker oder tauschten die Kühlwasserschläuche oder Filter aus, ein andermal bauten wir einen zusätzlichen Hydraulikzylinder inklusive der Ventile in eine der Maschinen ein und verbanden ihn mit dem restlichen Hydrauliksystem. Mehrfach demontierten wir auch Spritzgussformen, ersetzen Verschleißteile und bauten sie wieder zusammen. Was nach einfacher Arbeit klang, konnte gut mal 2 Tage in Anspruch nehmen, da diese Formen sehr groß, vielschichtig und komplex aufgebaut sind. In der Werkzeugreparatur durfte ich auch aushelfen und lernte dabei ein bisschen WIG- und Laser-Schweißen und wie eine Funkenerodiermaschine funktioniert. Mein größtes Projekt während des Praktikums war jedoch die Einbindung der Schutzumhausung der Roboterarme in die Notausfunktion und Realisieren der Sicherheitsverriegelung beim laufenden Betrieb. Dieses Projekt durfte ich komplett alleine bearbeiten und schloss ein Analyse, Bauteilauswahl und Montage, Zeichnen der Schaltpläne, Verdrahten und aufgrund eines kleines Denkfehlers auch die anschließende Fehlersuche und Behebung. Am letzten Arbeitstag durfte ich mich dann sogar noch an die Programmierung einer der Roborterarme wagen und ein bisschen rumexperimentieren.
Gewohnt habe ich in einer 2er Wg zusammen mit der irischen Physiotheraphiestudentin Céire. Mit ihr saß ich so gut wie jeden Abend in der Küche, sprach über Gott und die Welt, probierte irische Süßigkeiten und Drinks, lernte jede Menge über Irland und verbesserte dabei mein Englisch. Auch meine Vermieterin war sehr freundlich und hilfsbereit. Am Tag meiner Ankunft fuhr sie mich durch die ganze Stadt, zeigte mir jede Menge Restaurants, Läden und Orte, stellte mich ein paar Leuten vor und fuhr mich anschließend sogar zum Supermarkt und zurück. Als der Durchlauferhitzer den Geist aufgab, durfte ich bei ihr duschen und sie lies noch am nächsten Tag einen Neuen einbauen. Ich habe die Iren während meines gesamten Aufenthalts als sehr gastfreundliche und offene Menschen kennengelernt.
Die Wochenenden verbrachte ich mit Reisen in andere Städte, da ich Tralee bereits am Tag nach meiner Anreise komplett erkundet hatte. Über den Aufenthalt verteilt besuchte ich Dingle, Doolin, Cork und Dublin. Tralee hatte dafür eine gute Anbindung ans Zug- und Busnetz. Ich habe dabei viele wunderschöne Orte gesehen und coole Leute kennengelernt und habe mich durch alle möglichen irischen Spezialitäten gegessen und getrunken.
Die einzigen beiden negativen Aspekte, die mir im Gedächtnis geblieben sind, war zum einen, dass Tralee relativ wenig Programm bietet und zum anderen die horrende Vermittlungsgebühr von 550€ der IHK Irland, welche im Vergleich zu den meisten anderen Ländern nicht nur teurer ist, sondern auch weniger Service beinhaltet. Diese kostete mich leider bereits knapp ein Drittel des Stipendiums. Diese beiden Punkte sind aber im Vergleich zu allem Positiven wirklich zu vernachlässigen.
Fazit: Das Auslandspraktikum gehört mit zu den prägendsten Erfahrungen meines Lebens, welche ich niemals vergessen werde und es auch jederzeit wiederholen würde. Die Verbesserung der Selbstständigkeit und Fremdsprachenkenntnisse war selbst nach den nur 4 Wochen spürbar. Deshalb möchte ich auch während meines Studiums unbedingt ein Auslandssemester machen. Jedem der noch mit sich hadert, kann ich es wärmstens empfehlen und wenn ihr euch unwohl fühlt oder Sorgen habt bei dem Gedanken „allein“ im Ausland zu sein, ihr seid es nicht. Man wird hier überall herzlich aufgenommen und integriert. Besonderer Dank gebührt nochmals Frau Venturella, welche immer für Rückfragen bereit stand, immer alles super schnell geregelt hat, stets interessiert war an allen Neuigkeiten und von A bis Z die Erfahrung super abgerundet hat. Danke! ☺