03.09.2021 - erschienen in: Deutsches Handwerksblatt Nr. 14, Regionalausgabe Pfalz"Es hat einfach gepasst!"
Nach einer abgeschlossenen Anpassungsqualifizierung erteilte die Handwerkskammer der Pfalz dem Konditor Lahcen Marzoug aus Marokko die Anerkennung der vollständigen Gleichwertigkeit seiner Ausbildung mit der deutschen Berufsausbildung zum Konditor.
Wir haben uns ins Flugzeug gesetzt und sind nach Marokko geflogen, um uns den jungen Mann mal anzusehen, der sich bei uns als Konditor beworben hat. Nach kurzer Zeit war klar: Das passt!“, erzählen Ralf Peter und Brigitte Escher, die seit 1993 ein Café und eine Konditorei in Annweiler betreiben. Um einen Gesellen zu finden, hat Brigitte Escher über eine bekannte Internet-Plattform eine Stellenanzeige aufgegeben. Der 30-jährige Lahcen Marzoug, der in seiner Heimat Marokko eine schulische Ausbildung zum Konditor absolviert hatte, bewarb sich auf das Inserat. Im August 2019 kam es dann zu einem ersten Mailkontakt. Nach einiger Korrespondenz mit der Deutschen Botschaft in Rabat und der zuständigen Ausländerbehörde trat dann endlich im März 2020 das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz in Kraft, das ein beschleunigtes Verfahren vorsah.
Simone Uhrmeister-Jammer, Ansprechpartnerin für die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen bei der Handwerkskammer, prüfte Marzougs Berufsabschluss auf Gleichwertigkeit mit einem deutschen Gesellenabschluss und kam zu dem Ergebnis, dass – auch aufgrund der kürzeren Ausbildungsdauer in Marokko – lediglich eine teilweise Gleichwertigkeit vorhanden sei. „Der formale Abgleich der Ausbildungspläne war aufgrund ihrer Unterschiedlichkeit gar nicht so einfach“, erzählt Uhrmeister-Jammer von der Herausforderung, die Unterlagen zu prüfen und zu vergleichen. Doch Marzoug gab seinen Plan, in Deutschland zu arbeiten, nicht auf. Nachdem er den Bescheid über die teilweise Gleichwertigkeit erhalten hatte, absolvierte er in der Café-Konditorei Escher eine neunmonatige betriebliche Anpassungsqualifizierung, um die festgestellten Ausbildungsdefizite auszugleichen. Durch die neu erworbenen Fertigkeiten und Kenntnisse wurde ihm dann von der Handwerkskammer die vollständige Gleichwertigkeit mit der deutschen Berufsausbildung zum Konditor bescheinigt. Auch seine deutschen Sprachkenntnisse haben sich deutlich verbessert, seit er hier arbeitet. Die Grundlage dafür hat er jedoch schon in seiner Heimat gelegt, als er – sein klares Ziel vor Augen – im Goethe-Institut in Rabat Deutsch lernte.
Positiv überrascht war das Ehepaar Escher, als es sah, welche anspruchsvollen Produkte und Waren die Patisserie in Agadir, bei der Marzoug arbeitete, herstellt. „So einen Mitarbeiter, der mit Leib und Seele Konditor ist und nichts anderes machen möchte, können wir gut gebrauchen. Und wir sind heute sehr glücklich mit unserer Entscheidung, Lahcen bei uns zu beschäftigen“, sagt Ralf Peter Escher. „Zwar hätten wir schon früher einen Gesellen benötigt, doch wir sind heute froh, dass wir auf Lahcen gewartet haben“, ergänzt seine Frau Brigitte. Marzoug selbst fühlt sich wohl in Annweiler, im familiären Umfeld seines Arbeitgebers: „Natürlich möchte ich mich beruflich noch weiterentwickeln und mache vielleicht auch noch den Meister“, erklärt er, während Brigitte Escher zustimmend nickt. Marzoug ist dem Ehepaar Escher sehr dankbar, das ihn nicht nur beruflich, sondern auch bei der Wohnungssuche sowie Führerschein und Autokauf unterstützt hat. „Und ich bin sehr froh, heute die Anerkennungsurkunde von Ihnen erhalten zu haben“, freut er sich auch über die Unterstützung durch die Handwerkskammer.
Kontakt: Simone Uhrmeister-Jammer, Tel.: 0621/53824-82; E-Mail: suhrmeisterjammer@hwk-pfalz.de.
Zur Sache
Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) trat am 1. März 2020 in Kraft und regelt die Zuwanderung von Fachkräften aus Drittstaaten (Nicht-EU-Staaten). Mit diesem Gesetz wurde ein einheitlicher Fachkräftebegriff eingeführt, der sowohl akademisch als auch beruflich qualifizierte Beschäftigte umfasst. Es sieht vor, dass Arbeitgeber mit einer Vollmacht der Fachkraft gegen Gebühr einen Antrag auf ein beschleunigtes Fachkräfteverfahren bei der zuständigen Ausländerbehörde in Deutschland stellen können. Die Dauer des Verwaltungsverfahrens bis zur Erteilung des Visums wird dadurch erheblich verkürzt.