Geschäftsklimaindikator_Frühjahr 2024

08.04.2024Frühjahrsumfrage zur Konjunktur 2024

Stabile Geschäftslage im pfälzischen Handwerk, aber Sorge um Baugewerke

Die wirtschaftliche Lage vor dem Hintergrund multipler Krisen bleibt für die Unternehmen des pfälzischen Handwerks weiterhin herausfordernd. Die Inflation in Deutschland ist im März 2024 zwar auf 2,2 %1 gesunken, eine konjunkturelle Erholung ist jedoch noch nicht erkennbar. Haupttreiber der Inflation waren in der Vergangenheit die hohen Nahrungsmittel- und Energiepreise.

Aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Lage mit Baukosten sowie Grundstücks- und Immobilienpreisen auf hohem Niveau bleiben die Baufinanzierungskosten für Endverbraucher weiterhin hoch. Die Situation ist angespannt und wirkt sich weitgreifend auf die wirtschaftliche Lage der pfälzischen Handwerksbetriebe aus. Diese und weitere Herausforderungen spiegeln sich in den Ergebnissen der Frühjahrskonjunkturumfrage der Handwerkskammer der Pfalz wider. 2.500 repräsentativ ausgewählte Mitgliedsbetriebe wurden hierzu vom 15. bis 29. März 2024 befragt.

Aktuelle Geschäftslage
Angesichts der gesamtwirtschaftlichen Situation in Deutschland bleibt die aktuelle Geschäftslage der pfälzischen Handwerksbetriebe erfreulicherweise stabil. So hat sich der Geschäftsklimaindikator im Vergleich zum vergangenen Herbst (105 Punkte) auf 110 Punkte verbessert.

Insgesamt schätzen knapp 79 Prozent (Vorjahreswerte in Klammern: 81 %) der befragten Unternehmen ihre Geschäftslage als gut oder befriedigend ein. Hierbei ergeben sich jedoch deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Gewerken.

Geschäftslage Frühjahr 2024

Eine mindestens konstante Geschäftsentwicklung erwarten demnach:

  • Bau: 68 Prozent (78 %)
  • Ausbau: 83 Prozent (88 %)
  • Handwerke für den gewerblichen Bedarf: 70 Prozent (83 %)
  • Kfz: 81 Prozent (67 %)
  • Nahrung: 80 Prozent (75 %)
  • Gesundheit: 88 Prozent (90 %)
  • Personenbezogene Dienstleister: 85 Prozent (73 %)

Erfreulich ist, dass die Zufriedenheit der Kfz-Betriebe und der personenbezogenen Dienstleister (z. B. Friseure) deutlich gestiegen ist. Bedenklich sind hingegen die deutlichen Rückgänge im Bau- und Aus-baubereich sowie bei den Handwerken für den gewerblichen Bedarf.

Preisentwicklung
Mit 61 Prozent (79 %) kämpft die Mehrheit der Befragten weiterhin mit steigenden Einkaufspreisen, die die Betriebe zusehends belasten und sie vor große Herausforderungen stellen. Für das kommende Jahr rechnen fast alle Unternehmen mit mindestens gleichbleibenden Beschaffungskosten.

Erschwerend kommt hinzu, dass nur ein Drittel der Betriebe (54 %) die gestiegenen Preise bisher an ihre Kunden weitergeben konnte. Dies liegt vor allem an der Preissensibilität und dem zurückhaltenden Einkaufsverhalten der Kunden. In der Folge gaben 26 Prozent der Bauhandwerker an, ihre Verkaufspreise senken zu müssen, um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben.

Es ist zu erwarten, dass neben den Rohstoffpreisen auch die Löhne zukünftig weiterhin steigen werden, was den Kostendruck auf die Handwerksbetriebe weiter erhöht. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, sind viele Betriebe dazu gezwungen, ihre Kalkulationen kontinuierlich an die aktuellen Marktbedingungen anzupassen. Dies erfordert effiziente Kostenkontrolle und vorausschauende Preisgestaltung.

Umsatzentwicklung
Die Umsätze im pfälzischen Handwerk haben sich leicht rückläufig entwickelt. Insgesamt geben 48 Prozent (46 %) gleichbleibende und 15 Prozent (20 %) steigende Umsätze an. Hingegen melden 37 Prozent (34 %) sinkende Einnahmen. Am stärksten ist davon die Baubranche betroffen: Die Hälfte der Baubetriebe (35 %) verzeichnet einen Umsatzeinbruch.
Für die Zukunft erwarten 74 Prozent (83 %) der Mitgliedsbetriebe, dass ihre Umsätze steigen oder zumindest gleich bleiben werden.

Betriebsauslastung und Auftragslage
Die freien Kapazitäten der Betriebe sind ist im Vergleich zum Vorjahr etwas gestiegen. Aktuell geben 66 Prozent (70 %) der Befragten eine Betriebsauslastung von über 70 Prozent an. Dies lässt sich vor allem auf die Angaben der Bau- und Ausbauhandwerke sowie der personenbezogenen Dienstleister zurückführen; in diesen Gewerken ist die Auslastung rückläufig. Am stärksten ausgelastet sind die Betriebe in den Nahrungsmittelhandwerken: 80 Prozent (60 %) melden hier eine Auslastung von mindestens 70 Prozent.

Die Auftragssituation im pfälzischen Handwerk bleibt in der Gesamtschau weitestgehend stabil. Die Auftragsbücher sind für durchschnittlich 11 Wochen gefüllt. Gegenüber dem Vorquartal berichten 43 Prozent (53 %) der Betriebe von gleichen, 18 Prozent (21 %) von steigenden und 39 Prozent (27 %) von sinkenden Auftragseingängen. Die Bau- und Ausbaubetriebe, die gewerblichen Zulieferer und die personenbezogenen Dienstleister leiden dabei am meisten unter rückläufigen Kunden- bzw. Termin-anfragen. Bei Letzteren lässt sich der Rückgang auf die grundsätzlich saisonal schwächeren Auftragsmonate zurückführen.

Für die kommenden Monate erwarten 78 Prozent (83 %) der Betriebe einen gleich hohen oder steigenden Auftragseingang.

Personalbestand und Investitionen
Ähnlich wie im Vorjahr konnten 70 Prozent (69 %) der Betriebe ihre Mitarbeiterzahl konstant halten, 8 Prozent (8 %) haben neues Personal eingestellt und 22 Prozent (21 %) haben Mitarbeiter verloren. Diese Umfrageergebnisse deuten darauf hin, dass sich die Personalsituation für die Betriebe in absehbarer Zeit nicht verbessern wird. Besonders besorgniserregend ist, dass 39 Prozent (24 %) der Bauhandwerker einen Personalabbau meldeten. Dies lässt sich auf den fortbestehenden Fachkräftemangel sowie die rückläufige Geschäftsentwicklung in diesen Gewerken zurückführen. Über alle Branchen hinweg planen 10 Prozent (13 %) der Unternehmen, zusätzliche Mitarbeiter einzustellen.

Auch die Investitionstätigkeit bleibt auf dem Niveau des Vorjahres: Höhere Investitionen wurden lediglich von 15 Prozent der Unternehmen (14 %) getätigt; die Investitionsbereitschaft bleibt somit verhalten. Bei 42 Prozent (40 %) ist die Bereitschaft zur Investition sogar gesunken. Für das laufende Jahr planen lediglich 11 Prozent (12 %) eine Erhöhung ihrer Investitionen, während 41 Prozent (37 %) davon ausgehen, ihre Neuanschaffungen weiter zurückzustellen. Diese zurückhaltende Planung ist eine Reaktion auf die anhaltenden Preissteigerungen, die gesamtwirtschaftliche Lage und die zurückhaltende Zinspolitik der EZB.

Zukünftige Geschäftslage
Die Erwartungen für das kommende Quartal stellen sich wie folgt dar: 80 Prozent (87 %) der befragten Betriebe erwarten, dass sich die Geschäftslage verbessert oder zumindest gleich bleibt. Mit Blick auf die unterschiedlichen Gewerke kann festgestellt werden, dass der Optimismus in den Bau- und Ausbaubetrieben im Vergleich zum Vorjahr weiterhin abnimmt. So erwarten 68 Prozent (80 %) der Bauhandwerker und 78 Prozent (88 %) der Ausbauhandwerker eine mindestens gleichbleibende Geschäftsentwicklung. Die kommenden Monate werden zeigen, ob sich die rückläufige Inflationsrate positiv auf das Kauf- und Investitionsverhalten der Endverbraucher sowie die Konjunktur im Handwerk auswirkt.

Fazit
Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einem umfassenden Wandel. Vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen wie dem Fachkräftemangel, den hohen Energie- und Materialpreisen sowie den klimapolitischen Herausforderungen und diesbezüglichen politischen Entscheidungen zeigt sich die Situation der pfälzischen Handwerksbetriebe nach der aktuellen Konjunkturbefragung insgesamt stabil.

Sorgen bereiten weiterhin die Bauhandwerke. Um die rückläufige Geschäftslage – insbesondere in der Bau- und Ausbaubranche und bei den gewerblichen Zulieferern (z.B. Feinwerkmechanikern) – aufzufangen, sind Preisanpassungen nur eine kurzfristige Maßnahme. Die bestehenden Lücken in den Auftragsbüchern werden hierdurch nicht gefüllt. Daher müssen weiterhin Anreize geschaffen werden, um die Investitionsbereitschaft der Kunden zu erhöhen und eine Abwanderung von Unternehmen zu verhindern.

In der Konjunkturbefragung trat darüber hinaus deutlich hervor, dass die überbordende Bürokratie im Handwerk zu einem signifikanten Belastungsfaktor geworden ist. Sie hemmt Entwicklungspotenziale und bindet betriebliche und personelle Ressourcen, die nicht mehr für die handwerklichen bzw. gewerblichen Kerntätigkeiten zur Verfügung stehen. Die Mitgliedsbetriebe der Handwerkskammer der Pfalz benannten unterschiedliche Ansatzpunkte zum Bürokratieabbau, darunter die umfassenden Dokumentations- und Nachweispflichten gegenüber den Behörden. Zudem sind viele Behörden unzureichend digital aufgestellt, was Prozesse in die Länge zieht. Kleine und mittlere Unternehmen sind mit der Vielzahl an Vorschriften und der Einhaltung ihrer Nachweispflichten oftmals überfordert. Es fehlt an Transparenz, der Nutzen von überdimensionierten Anforderungen ist nicht erkennbar. Der Abbau bürokratischer Hürden seitens der Politik könnte hier als Konjunkturprogramm und Transformationsbeschleuniger wirken.

Die nächste Konjunkturbefragung im pfälzischen Handwerk wird im Herbst 2024 stattfinden.