
14.04.2025Frühjahrsumfrage zur Konjunktur 2025
Wirtschaftliche Stagnation im pfälzischen Handwerk
Knapp eineinhalb Monate nach der Bundestagswahl befindet sich die deutsche Wirtschaft weiterhin in einer Rezession. Rückläufiges Wachstum, Produktionsrückgänge in der Industrie und handelspolitische Spannungen – etwa durch neue Zölle aus den USA – belasten die konjunkturelle Entwicklung. Zwar ist die Inflationsrate zuletzt auf 2,2 % gesunken, was wiederum zu einer Absenkung des Leitzinses auf 2,5 % (Stand: März 2025) geführt hat. Ob sich dadurch jedoch die Finanzierungsbedingungen für Unternehmen spürbar verbessern und Investitionen angeregt werden, bleibt abzuwarten.
Vor diesem gesamtwirtschaftlichen Hintergrund stellt sich die Frage, wie sich diese Entwicklungen konkret auf das Handwerk in der Pfalz auswirken. Die Frühjahrsumfrage 2025, die von 17. März bis 6. April bei rund 2.500 Mitgliedsbetrieben verschiedener Branchen durchgeführt wurde, liefert dazu aufschlussreiche Einblicke. Sie gibt Auskunft darüber, wie sich die Auftragslage, die Umsätze, die Investitionsbereitschaft und die Stimmungslage in den Handwerksbetrieben entwickelt haben – und ob erste Anzeichen einer Stabilisierung oder gar Erholung erkennbar sind.
Aktuelle Geschäftslage
Angesichts der gesamtwirtschaftlichen Situation in Deutschland bleibt die aktuelle Geschäftslage der Mitgliedsbetriebe erfreulich stabil. Der Geschäftsklimaindikator hat sich seit Herbst 2024 von 101 auf 114 Punkte verbessert. Insgesamt schätzen knapp 76 Prozent (Vorjahreswerte in Klammern: 79 %) der befragten Unternehmen ihre Geschäftslage als gut oder befriedigend ein. Hierbei ergeben sich jedoch deutliche Unterschiede in den einzelnen Branchen. Eine mindestens konstante Geschäftsentwicklung meldeten aus folgenden Gewerken:
- Bau: 74 Prozent (68 %)
- Ausbau: 76 Prozent (83 %)
- Handwerke für den gewerblichen Bedarf: 78 Prozent (70 %)
- Kfz: 85 Prozent (81 %)
- Nahrung: 81 Prozent (80 %)
- Gesundheit: 75 Prozent (88 %)
- Personenbezogene Dienstleister: 69 Prozent (85 %)
Erfreulich ist, dass die Zufriedenheit der Baubetriebe und der Handwerke für den gewerblichen Bedarf leicht gestiegen ist. Die Gesundheitshandwerker und personenbezogenen Dienstleister, zu denen beispielsweise Friseure und Fotografen gehören, sind dagegen mit ihrer Geschäftsentwicklung weniger zufrieden als im Vorjahr. Hierbei spielt nach Angaben der Betriebe auch die finanzielle Belastung durch die Rückzahlung der Corona-Soforthilfe eine Rolle.
Preisentwicklung
Insgesamt 68 Prozent der befragten Handwerksbetriebe berichten von gestiegenen Material- und Rohstoffkosten. Dementsprechend haben 40 Prozent ihre Verkaufspreise erhöht. Da die Mehrheit der Befragten zukünftig mit gleichbleibenden bzw. steigenden Einkaufspreisen rechnet, sehen sich hiervon knapp 40 Prozent gezwungen, ihre Preiskalkulation aufgrund steigender Gesamtkosten regelmäßig anzupassen. Infolgedessen ist davon auszugehen, dass die Preise für handwerkliche Dienstleistungen auch in den kommenden Monaten weiter ansteigen werden.
Umsatzentwicklung
Insgesamt haben sich die Umsätze leicht rückläufig entwickelt. 43 Prozent (48 %) berichten von stabilen Umsätzen, 14 Prozent (15 %) von steigenden Umsätzen, während 42 Prozent (37 %) einen Rückgang der Einnahmen verzeichnen. Nachdem im letzten Jahr besonders die Baubetriebe betroffen waren, haben in diesem Frühjahr alle Gewerke einen signifikanten Umsatzeinbruch erlebt. Bedenklich sind die Ergebnisse der Gesundheitshandwerker. 38 Prozent (13 %) meldeten, dass sich ihr Umsatz verringert hat. Für die Zukunft gehen jedoch 79 Prozent (74 %) der Mitgliedsbetriebe davon aus, dass ihre Umsätze entweder steigen oder zumindest auf dem aktuellen Niveau bleiben werden.
Betriebsauslastung und Auftragslage
Die Auslastung der Betriebe ist im Vergleich zum Vorjahr nahezu konstant geblieben. 65 Prozent (67 %) der Betriebe berichten von einem für die Jahreszeit üblichen Auftragsbestand. Die Auftragsbücher sind im Durchschnitt für 11 Wochen gefüllt, wobei Bauunternehmen mit einer durchschnittlichen Vorlaufzeit von 14 Wochen die längsten Auftragszeiten melden. Im Vergleich zum Vorquartal geben 40 Prozent (43 %) der Betriebe an, dass ihre Auftragseingänge gleichgeblieben sind, 22 Prozent (18 %) berichten von einem Anstieg. Während es zumindest einigen Branchen, wie etwa 29 Prozent der Bauunternehmen, gelungen ist, ihre Umsätze zu steigern, verzeichnen 39 Prozent aller Gewerke einen Rückgang der Kunden- und Terminanfragen. Für die kommenden Monate erwarten 85 Prozent (79 %) der Betriebe, dass ihre Auftragseingänge entweder stabil bleiben oder steigen werden.
Personalbestand und Investitionen
Wie bereits im Vorjahr konnten 68 Prozent (70 %) der Betriebe ihre Mitarbeiterzahl stabil halten, 8 Prozent (8 %) haben neue Mitarbeiter eingestellt, und 24 Prozent (22 %) mussten Personal abbauen. Diese Entwicklungen lassen darauf schließen, dass sich die Lage in naher Zukunft nicht wesentlich verbessern wird. Alarmierend ist, dass 34 Prozent (39 %) der Bauhandwerksbetriebe, 38 Prozent (12,5 %) der Gesundheitshandwerker und 29 Prozent (17 %) der personenbezogenen Dienstleister deutlich weniger Personal einstellen konnten. Dies ist vor allem auf die demografische Entwicklung verbunden mit dem anhaltenden Fachkräftemangel zurückzuführen. Branchenübergreifend planen 12 Prozent (10 %) der Unternehmen, zusätzliches Personal einzustellen.
Die Investitionstätigkeit bleibt insgesamt unverändert. Zwar haben 14 Prozent (15 %) der Unternehmen ihre Investitionen erhöht, jedoch bleibt die allgemeine Investitionsbereitschaft zurückhaltend. Bei genauso vielen Betrieben wie im Vorjahr, nämlich 42 Prozent, ist die Bereitschaft zu investieren sogar gesunken. Für das laufende Jahr planen nur 10 Prozent (11 %) eine Erhöhung ihrer Investitionen, während 37 Prozent (41 %) beabsichtigen, ihre Neuanschaffungen weiter hinauszuzögern.
Zukünftige Geschäftslage
Die Erwartungen zur Geschäftslage im kommenden Quartal sind etwas optimistischer als im Vorjahr. 88 Prozent (80 %) der Mitgliedsbetriebe erwarten, dass sich ihre Geschäftslage verbessert oder zumindest gleichbleibt. Auch die im letzten Jahr eher verhalten agierenden Baubetriebe blicken mit 84 Prozent (68 %) wieder zuversichtlicher in die Zukunft. Obwohl die Gesundheitshandwerke insgesamt eher negative Ergebnisse meldeten, gehen sie nicht von einer weiteren Verschlechterung ihrer Geschäftslage aus. Es bleibt jedoch abzuwarten, welche politischen Entscheidungen die neue Bundesregierung in den kommenden Monaten treffen wird und wie sich diese auf das Stimmungsbild der pfälzischen Handwerksbetriebe auswirken werden.
Fazit
Trotz eines konjunkturell schwierigen Umfelds zeigt das pfälzische Handwerk derzeit eine bemerkenswerte Stabilität. Zwar entwickeln sich einzelne Kennzahlen wie Umsatz, Auftragseingänge und Investitionsbereitschaft weiterhin verhalten, doch die insgesamt positive Einschätzung der aktuellen Geschäftslage sowie der vorsichtige Optimismus für die kommenden Monate unterstreichen die Widerstandskraft des Handwerks.
Die größten Herausforderungen – allen voran der hohe Bürokratieaufwand und der anhaltende Fachkräftemangel – bestehen jedoch weiterhin und beeinflussen zunehmend die Personalplanung und Investitionsentscheidungen der Betriebe. Damit sich die Zuversicht der Handwerksbetriebe auch realwirtschaftlich niederschlägt, sind gezielte politische Maßnahmen erforderlich – insbesondere der Abbau bürokratischer Verwaltungsprozesse und eine nachhaltige Fachkräftesicherung. Beide könnten bereits kurzfristig spürbare Entlastungen zur Folge haben.
Betriebsübergaben stellen nach wie vor eine große Hürde für viele Unternehmen dar. So könnte eine gezielte finanzielle Zuwendung für Nachfolgelösungen dazu beitragen, die Übernahme attraktiver zu gestalten und den Fortbestand erfolgreicher Geschäftsmodelle zu sichern. Zudem bedarf es einer erneuten Förderung digitaler Transformationsprozesse – etwa durch ein modernes Programm, das an den „Digi-Boost“ aus dem Jahr 2021 anknüpft. Ein solches Förderinstrument könnte Handwerksbetriebe gezielt bei der Implementierung digitaler Prozesse unterstützen und so ihre Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig stärken.
In diesem Zusammenhang geben die im April 2025 veröffentlichten Beschlüsse des neuen Koalitionsvertrages Anlass zur Hoffnung. Sie benennen die zentralen Problembereiche. Sollte es gelingen, diese Vorhaben konsequent und praxisnah umzusetzen, könnten sie eine spürbare Entlastung für das Handwerk bewirken und dessen Zukunftsfähigkeit stärken.