Geschäftsklimaindikator_Herbst 2024_bearbeitet

14.10.2024Herbstumfrage zur Konjunktur 2024

Dunkle Schatten und branchenbezogene Lichtblicke im pfälzischen Handwerk

In der Gesamtschau ist die konjunkturelle Stimmung im pfälzischen Handwerk gedämpft. Zu den guten Nachrichten gehört, dass die Inflationsrate im September auf 1,6 % gesunken ist. Diese positive Entwicklung ist vor allem den stark gesunkenen Energiepreisen zu verdanken, die bisher – neben den Lebensmittelpreisen – einer der Haupttreiber der Inflation waren. Die EZB hat den Leitzins Mitte September gesenkt, der aktuell nun bei 3,5 % (vgl. 4,5 % Vorjahr) liegt. Somit sollte die Aufnahme von Krediten tendenziell günstiger werden. Die Kaufkraft der privaten Haushalte bleibt jedoch weiter eingeschränkt. Die Lebenshaltungskosten sind auf einem höheren Niveau als vor der Corona-Pandemie. Somit bleibt die wirtschaftliche Situation im pfälzischen Handwerk weiterhin angespannt. Um das Stimmungsbild im pfälzischen Handwerk wiederzugeben, wurde die Herbst-Konjunkturumfrage bei 2.500 Mitgliedsbetrieben durchgeführt, die folgende Ergebnisse zeigt (Vorjahreswerte in Klammern):

Aktuelle Geschäftslage
Bisher haben sich die positiven Tendenzen der Inflations- und Zinsentwicklungen noch nicht auf die Stimmung ausgewirkt. 78 Prozent der Befragten bewerten ihre aktuelle Lage als gut oder befriedigend; das entspricht einem Rückgang um 6 Prozentpunkte gegenüber dem Befragungsergebnis im Herbst 2023. Die wirtschaftliche Lage hat sich gegenüber dem letzten Jahr in folgenden Gewerken weiter verschlechtert:

  • Bau: 33 Prozent gut (30 %); 36 Prozent befriedigend (52 %); 31 Prozent schlecht (18 %)
  • Ausbau: 44 Prozent gut (47 %); 35 Prozent befriedigend (38 %); 21 Prozent schlecht (15 %)
  • Handwerke für den gewerblichen Bedarf: 30 Prozent gut (41 %); 37 Prozent befriedigend (40 %); 33 Prozent schlecht (19 %)

Zufriedenstellend sind die Ergebnisse aus folgenden Gewerken, die ihre aktuelle Geschäftslage mit mindestens befriedigend beurteilen:

  • Kfz-Handwerk: 82 Prozent (88 %)
  • Nahrungsmittelhandwerke: 86 Prozent (78 %)
  • Gesundheitshandwerke: 100 Prozent (100 %)
  • persönliche Dienstleister: 82 Prozent (80 %)






Geschäftslage Herbst 2020 - 2024

Preisentwicklung
Von steigenden Rohstoffpreisen sind die Hälfte aller befragten Handwerksbetriebe betroffen. Doch nur knapp ein Viertel der Betriebe war in der Lage, die höheren Einkaufspreise an ihre Kunden weiterzugeben. Da fast alle Unternehmen von mindestens gleichbleibenden Beschaffungskosten ausgehen, ist damit zu rechnen, dass die Preise für handwerkliche Dienstleistungen weiterhin mindestens konstant bleiben. Neben den steigenden Rohstoffpreisen ist zu erwarten, dass auch die Löhne und Gehälter zukünftig schneller ansteigen werden. Angesichts dieser Entwicklungen müssen viele Betriebe ihre Preise an die Marktbedingungen anpassen, um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben.

Umsatzentwicklung
Die Umsatzentwicklung bleibt weitgehend stabil. 69 Prozent (72 %) der Befragten melden Umsätze, die mindestens auf dem Niveau des Vorquartals liegen. Nur noch 17 Prozent (19 %) verzeichnen steigende Umsätze. Besonders von Umsatzrückgängen betroffen sind die Bauhandwerke mit 40 Prozent (38 %), die Handwerke für den gewerblichen Bedarf mit 38 Prozent (30 %) sowie die Nahrungsmittelhandwerke mit 39 Prozent (35 %).

Aufgrund der stagnierenden Umsätze kommen auch die Umsatzerwartungen auf ein ähnliches Ergebnis. Für das kommende Halbjahr erwarten 29 Prozent (31 %), dass ihre Umsätze weiter sinken. 18 Prozent (20 %) der Befragten rechnen damit, ihre Umsätze zu steigern, die Hälfte (49 %) geht von gleichbleibenden Umsätzen aus. Folgende Branchen wirken etwas zuversichtlicher:

  • 54 Prozent (35 %) der Nahrungsmittelhandwerker rechnen mit steigenden bzw. 8 Prozent (29 %) mit gleichbleibenden Umsätzen.
  • 43 Prozent (10 %) der Gesundheitshandwerker erwarten steigende bzw. 43 Prozent (50 %) gleichbleibende Umsätze.

Betriebsauslastung und Auftragslage
Gegenüber dem Vorjahr ist die Betriebsauslastung etwas zurückgegangen. 68 Prozent (73 %) der Betriebe gaben an, zu mehr als 70 Prozent ausgelastet zu sein. Aktuell müssen die Kunden durchschnittlich mit 9 Wochen (9,5 Wochen) Vorlaufzeit rechnen, wenn sie einen Handwerker beauftragen. Hier meldet zwar der Bausektor mit etwa 12 Wochen weiterhin den längsten Vorlauf, gleichzeitig verzeichneten knapp 40 Prozent (50 %) der Befragten einen geringeren Auftragsbestand als sonst in dieser Jahreszeit. Auch die Ausbaubaubetriebe berichten vermehrt von Lücken in ihren Auftragsbüchern. Zudem ist ein Rückgang an neuen Vertragsabschlüssen bei den Handwerkern für den gewerblichen Bedarf deutlich erkennbar: Etwa die Hälfte der Betriebe meldeten gesunkene Auftragseingänge gegenüber dem Vorquartal.

Demzufolge sind in diesen Gewerken die Erwartungen an das kommende Halbjahr eher zurückhaltend. Knapp 60 Prozent der Baubetriebe, 68 Prozent der Ausbaubetriebe und 58 Prozent der gewerblichen Zulieferer gehen von einem mindestens gleichbleibenden Auftragsvolumen aus. Wesentlich zuversichtlicher sind die Kfz-, Nahrungsmittel- und Gesundheitshandwerke sowie die persönlichen Dienstleister. In diesen Branchen gehen über 80 Prozent der Betriebe von einem konstanten bzw. steigenden Auftragseingang in den kommenden Monaten aus.

Personalbestand und Investitionen
Der Personalbestand in den Unternehmen ist im Durchschnitt weitgehend stabil geblieben. Besorgniserregend sind jedoch die Entwicklungen in der Baubranche: Bei einem Drittel (20 %) kam es bereits zu einem Personalabbau. Weitere 29 Prozent (18 %) gaben an, ihre Beschäftigungszahlen künftig reduzieren zu wollen. Einen Personalverlust in ähnlicher Größenordnung meldeten die Gesundheitshandwerke mit 29 Prozent (0 %), der jedoch in den kommenden Monaten adäquat ersetzt werden soll. Lediglich 6 Prozent (10 %) der Handwerksbetriebe planen, zusätzliche Mitarbeiter einzustellen. Dreiviertel der Betriebe möchten versuchen, ihren Personalbestand auf dem aktuellen Beschäftigungsniveau zu halten. Ein Viertel der gewerblichen Zulieferer geht von einer sinkenden Beschäftigtenzahl aus.

Die aktuelle wirtschaftliche Situation spiegelt sich auch in der nach wie vor geringen Investitionstätigkeit der Betriebe wider. Lediglich 12 Prozent (14 %) der Unternehmen tätigten neue Investitionen, während bei 42 Prozent (40 %) die grundsätzliche Bereitschaft zur Investition gesunken ist. Die befragten Handwerker stellen aufgrund der gegenwärtigen wirtschaftlichen Gemengelage neue Investitionen zurück und drohen somit erforderliche Anpassungen an den technischen und digitalen Fortschritt zu versäumen.

Zukünftige Geschäftslage
Die künftigen Geschäftsaussichten variieren stark je nach Branche. Während Kfz-Betriebe, Nahrungsmittel-, Gesundheitshandwerker und personenbezogene Dienstleister saisonbedingt eher optimistisch in die Zukunft blicken, ist insbesondere im Bau- und Ausbaugewerbe sowie den gewerblichen Zulieferern eine spürbare Zurückhaltung zu erkennen. Diese Einschätzung drückt sich folgendermaßen in Zahlen aus:

Im Baubereich sind die diesjährigen Ergebnisse zwar etwas besser als im Vorjahr, insgesamt jedoch auf einem niedrigeren Niveau der letzten Jahre. 7 Prozent (2 %) gehen von einer verbesserten, 58 Prozent (44 %) eine gleichbleibenden und 35 Prozent (54 %) von einer verschlechterten Geschäftslage aus.

In den Ausbauhandwerken erwarten 10 Prozent (10 %) eine verbesserte, 63 Prozent (65 %) eine gleichbleibende und 27 Prozent (25 %) eine schlechtere Geschäftslage.
Bei den gewerblichen Zulieferern rechnen 7 Prozent (11 %) mit einer verbesserten, 57 Prozent (59 %) mit einer gleichbleibenden und 36 Prozent (30 %) mit einer verschlechterten Geschäftslage.

Dagegen beurteilen folgende Branchen ihre Zukunft optimistischer: Im Kfz-Bereich sind 85 Prozent (86 %) der Unternehmen zuversichtlich, dass ihre Geschäftsentwicklung zumindest stabil bleiben wird. Ebenso positiv sind die Aussichten für 93 Prozent (95 %) der Nahrungsmittelhandwerker, 100 Prozent (90 %) der Gesundheitshandwerker und 87 Prozent (89 %) der personenbezogenen Dienstleister. Sie gehen von einer mindestens gleichbleibenden Geschäftsentwicklung aus, die zumindest teilweise auf das saisonale Wintergeschäft zurückzuführen ist.

Die Tendenz des Geschäftsklimaindikators, der sich aus der aktuellen Geschäftslage sowie den zukünftigen Erwartungen zusammensetzt, ist fallend. Nachdem sich im Vergleich zum Herbst 2022 das Geschäftsklima im Frühjahr 2023 etwas erholen konnte, ist der Wert seit der letzten Herbstumfrage im Jahr 2023 auf 101 Punkte gefallen, was lediglich einem befriedigenden Ergebnis entspricht.

Fazit
Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einer schwierigen Phase. Neben dem Sparkurs der Verbraucher sorgen Lieferengpässe, die steigenden Energie- und Rohstoffpreisen und fehlendes Fachpersonal dafür, dass die wirtschaftliche Situation weiterhin angespannt ist. Dies hat spürbar negative Auswirkung auf das Geschäftsklima der Handwerksbetriebe. Die Geschäftsentwicklung stagniert und besonders die Unternehmen des Neubausektors geben Anlass zur Sorge.

Industrieabhängige Handwerker für den gewerblichen Bedarf sind stark von konjunkturellen Schwankungen betroffen. Schneller steigende Löhne müssen angepasst werden, da ansonsten weiteres Personal verlorengeht. Um bedrohliche Liquiditätsengpässe zu vermeiden, sind die Betriebe gehalten, sinkende Umsätze konstant zu überwachen. Die gesunkene Inflationsrate und die fallenden Zinsen haben sich bisher noch nicht auf das Stimmungsbild des pfälzischen Handwerks ausgewirkt; ob es positive Veränderungen gibt, werden die kommenden Monate zeigen. Die nächste Konjunkturbefragung im pfälzischen Handwerk wird im Frühjahr 2025 stattfinden.