Interview - 05.02.2021 - erschienen in: Deutsches Handwerksblatt Nr. 2, Regionalausgabe PfalzInnovation ist der Schlüssel zum Erfolg
Wie Betriebe durch Innovationen wettbewerbsfähig bleiben können, erklärt der neue Innovations- und Technologieberater der Handwerkskammer, Martin Müller.
Seit dem 1. November 2020 ist Martin Müller neuer Innovations- und Technologieberater* der Handwerkskammer der Pfalz. Der Maschinenbauingenieur gibt im Interview einen Einblick in die Chancen und Herausforderungen, die Innovationen für das Handwerk mit sich bringen, und spricht über sein Anliegen, die Mitgliedsbetriebe der Handwerkskammer auf ihrem Weg zu langfristigem Unternehmenserfolg zu unterstützen.
Handwerkskammer: Herr Müller, was sind Ihre Aufgaben als Innovations- und Technologieberater und wie profitieren die Mitgliedsbetriebe davon?
Müller: Meine Aufgabe ist es, die Unternehmen in allen betrieblichen Innovationsvorhaben und bei der strategischen Erschließung neuer Märkte mit innovativen Produkten und Dienstleistungen zu unterstützen. Ziel meiner Arbeit ist es, die Innovationsfähigkeit der Betriebe zu erhöhen und den Zugang zu neuesten wissenschaftlichen, technologischen und organisatorischen Erkenntnissen zu vermitteln. Eine entscheidende Aufgabe ist dabei die Vernetzung mit Akteuren der Wissenschaft, der Industrie und der Wirtschaftsförderung. Zukünftig soll der Wissenstransfer von den Hochschulen und Forschungseinrichtungen in das Handwerk hinein erleichtert werden. Hier sehe ich großes Potenzial für eine engere Zusammenarbeit zwischen Handwerk und Wissenschaft. Dies sind vor allem Transferprojekte, wobei die Innovation durchaus auch vom einzelnen Handwerksbetrieb ausgehen kann. Auch bei den Themen Patentrecherche, Fördermöglichkeiten, Technologie-Monitoring und Umweltschutz sowie ressourceneffizientes Arbeiten unterstütze ich gerne die Betriebe. Die Technologieberatung bietet also eine möglichst anwenderorientierte Hilfe.
Handwerkskammer: Die Themen Innovation und Technologisierung sind im ersten Moment relativ abstrakt. Wie schaffen Sie es, diese Themen in die Betriebe hineinzutragen?
Müller: Mir ist es wichtig, unsere Mitgliedsbetriebe abzuholen und genau zu den Themen zu beraten, die sie aktuell beschäftigen. Dafür stehen unterschiedliche Formate zur Verfügung. So können einzelne Betriebe individuelle Beratungstermine vereinbaren, bei denen wir gemeinsam eine Lösung erarbeiten oder die Stärken und Schwächen des Unternehmens analysieren. Darüber hinaus gibt es Seminare, Info-Abende und Werkstattgespräche zu aktuellen Themen, wo neue Techniken und Technologien vorgestellt werden. So können unternehmerische Chancen und neue Anforderungen aufgezeigt werden. Außerdem möchte ich die Kooperation der Betriebe untereinander fördern. Ziel ist es, ein digitales Kooperationsnetzwerk für das pfälzische Handwerk zu bilden, bei dem die Handwerksunternehmen kooperieren statt konkurrieren und sich so gegen die Konkurrenz von außen – beispielweise Plattformbetreiber – stabil aufstellen.
Handwerkskammer: Wie sieht es in der Praxis aus: Wie ist der Stand im Handwerk, was Innovationen und neue Technologien betrifft? Wo läuft es gut und wo ist noch Luft nach oben?
Müller: Das Handwerk war und ist für seine Innovationskraft bekannt. Kaum ein Wirtschaftszweig kann sich so schnell neuen Herausforderungen und Bedingungen anpassen. Das ist meiner Meinung nach einzigartig und eine der großen Stärken. Gerade das Thema Nachhaltigkeit gewinnt zunehmend an Bedeutung. Im Baubereich und im Holzbau kommen mehr neue, innovative Baustoffe zum Einsatz, die dazu beitragen, den ökologischen Fußabdruck der Produkte zu verringern. Positiv ist auch der hohe Grad der Technologisierung im Bereich der metallverarbeitenden Gewerke. Hier gehören CAD und CNC bei den meisten Betrieben schon lange zum täglichen Arbeitsablauf. Zudem erkennen immer mehr Betriebe die Möglichkeiten, die das Internet zur Kundenbindung und -gewinnung bereitstellt. Verbesserungs- und Entwicklungspotenziale sehe ich in den „mobilen“ digitalen Technologien. So kann ein Smartphone beispielweise zur Auftragsorganisation, zum digitalen Aufmaß, Zeitwirtschaft, Abnahmen beim Kunden oder auch zum Datenaustausch mit bestehenden ERP-Systemen genutzt werden. Ein weiteres spannendes Gebiet, das aufgrund steigender Kundenansprüche und dem Wunsch nach Individualisierung an Bedeutung gewinnt, ist das virtuelle Planen. Im SHK-Handwerk kann der Kunde beispielsweise das neue Bad bereits während der Planungsphase virtuell in Augenschein nehmen.
Handwerkskammer: Was sind dabei die größten Herausforderungen?
Müller: Aktuell sehe ich die größte Herausforderung in der Vereinbarkeit des fordernden Tagesgeschäfts der Betriebe und der somit begrenzten Ressourcen, die für die Themen Innovation und Technologie bleiben. Allerdings möchte ich die Betriebe an dieser Stelle ermutigen, sich mit diesen Themen zu beschäftigen. Denn auch das Handwerk unterliegt als Teil der Gesamtwirtschaft einem ständigen Wandel. Besonders durch die Pandemie, die als Katalysator für Veränderungen wirkt und viele Neuerungen in kurzer Zeit mit sich bringt, wird dieser Wandel noch einmal beschleunigt. Um dabei nicht auf der Strecke zu bleiben, ist es enorm wichtig, Veränderungen frühzeitig zu erkennen und sich fit für die Zukunft zu machen. Nur so ist es möglich, weiterhin im Wettbewerb zu bestehen.
Handwerkskammer: Hat die Corona-Pandemie Auswirkungen auf Ihre Arbeit? Die Digitalisierung hat einen enormen Schub bekommen. Spüren Sie auch Auswirkungen auf die Technologisierung?
Müller: In der momentanen akuten Pandemie- Lage ist es für die Betriebe enorm wichtig, trotz der tiefgreifenden Einschränkungen und Betriebsschließungen mit ihren Kunden in Kontakt zu bleiben. Hierfür können vor allem die virtuellen Kanäle wie Website und Social Media eingesetzt werden. Auf diesen Gebieten ist in der Tat eine erhöhte Nachfrage zu erkennen und viele Betriebe haben in kürzester Zeit wirklich beeindruckende Lösungen und Angebote auf die Beine gestellt.
* Die Technologie- und Innovationsberatung ist für unsere Mitgliedsbetriebe kostenlos. Kontakt: Martin Müller, Tel.: 0631/3677-306; E-Mail: mmueller@hwkpfalz.de.