Straßburger Münster
Elke Wickerath
Straßburger Münster

Inspiration für die eigene Arbeit

Die dritte grenzüberschreitende Unternehmerreise "Denkmalpflege und Restaurierung" führte Ende Oktober ins Elsass.

Auch die dritte gemeinsame grenzüberschreitende Unternehmerreise der Handwerkskammern der Pfalz und Frankfurt-Rhein-Main, die unter dem Motto "Denkmalpflege und Restaurierung" stand, war ein großer Erfolg. 23 Teilnehmer aus Hessen, der Pfalz, Trier, dem Saarland sowie Österreich kamen Ende Oktober in den Genuss eines umfangreichen Programms: unter anderem mit Besichtigungen ausgewählter Bauobjekte, Stadtführungen und Expertenvorträgen im Bereich Restaurierung und Denkmalpflege im Elsass.

Theres und Ernest Mayer von der gleichnamigen Tischlerei aus Niederösterreich hatten die Handwerkskammern bereits bei der letzten Reise nach Wien unterstützt. Sie sind nun der Einladung ins Elsass gefolgt und waren von der Veranstaltung begeistert: "Die Reise hat unsere Erwartungen weit übertroffen – dank der tollen Organisation, Auswahl an Besichtigungen und fundierten Ausführungen der Referenten und Experten. Wir sind überaus beschenkt heimgekehrt und entschlossen, diese grenzüberschreitenden Kontakte, die wir aus der Reise gewonnen haben, nicht abbrechen zu lassen".

Die Veranstaltung startete mit einem Rundgang durch die historische Altstadt von Weißenburg. Schwerpunktmäßig wurden die Restaurierungsarbeiten an den geschichtsträchtigen Gebäuden "La Maison du Sel" (Salzhaus) und "Le Palais Stanislas" erläutert. Der Eigentümer der beiden Immobilien berichtete von den Schwierigkeiten bei der Sanierung des Palais. Diese betrafen nicht nur die behördlichen Vorgaben bei den denkmalgeschützten Gebäudeteilen, sondern auch Böden, Decken sowie den komplizierten Einbau der Heizung. Lars Timrott, Steinmetz und Steinbildhauer aus dem südpfälzischen Silz, stellte vor Ort jeweils seine Steinmetzarbeiten vor. Im Anschluss an die Führung gab es für die Teilnehmer schließlich noch ein besonderes Highlight: Denise Becker, Organistin der Kirche "Saints Pierre et Paul", erklärte den Teilnehmern die Funktion der Dubois-Orgel und führte die Vielfalt ihrer Klangfarben vor. Und dafür zog sie "alle Register".

Dubois-Orgel
Elke Wickerath
Dubois-Orgel

Am zweiten Tag besichtigten die Teilnehmer die Straßburger Münsterbauhütte. Auch hier gab es fachmännische Einblicke und Erläuterungen in die Restaurierungsarbeiten sowie einen regen Austausch mit den Steinmetzen. Besonders beeindruckend fand Karin Histing, Inhaberin der Firma Krumholz in Bad Bergzabern, den Einsatz von historischen Werkzeugen und Materialien. "Als Fachfirma für Kunstverglasungen und Glasmalerei sind wir natürlich auch in Kirchen unterwegs. Anderen Denkmalpflegern in unserem Nachbarland über die Schulter schauen zu können, war nicht nur eine große Bereicherung, sondern hat mich auch für meine eigene Arbeit inspiriert. Begeistert hat mich zudem, mit welcher Leidenschaft die Handwerker und die Referenten sich hier der Denkmalpflege widmen."

Münsterbauhütte
Elke Wickerath
Münsterbauhütte

Anschließend führte Wolfdietrich Elbert (Architekt und ehemaliger Leiter des Europäischen Zentrums für die Berufe der Denkmalpflege in Venedig) im Namen des Straßburger Münstervereins durch das weitere Programm. Er berichtete unter anderem über die laufenden Restaurierungsarbeiten an der romanischen Vierungskuppel. Besonders schwierig sei die Beseitigung von Schäden gewesen, die durch frühere Restaurierungen entstanden wären. Das Überziehen der Kuppel mit einer dicken Zementmörtelschicht hatte schwere Wasserschäden sowie Salzausblühungen und Putzabplatzungen zur Folg gehabt. 40 Tonnen Putz mussten somit vibrationsarm abgetragen, Salze mit Kompressen entfernt und eine neue Dachhaut aus Blei auf die Holzschalung aufgebracht werden. Die vorab erfolgte präzise Bauaufnahme habe zudem erstmals wichtige Erkenntnisse über die mittelalterliche Bautechnik erbracht.

Ebenfalls interessant: die Erläuterungen zu den unterschiedlichen Ansätzen bei der Erhaltung denkmalgeschützter Objekte in Frankreich und Deutschland. Die französische Denkmalpflege sei stark vom Wunsch geprägt gewesen, die Schäden der Revolution von 1789 an profanen und religiösen Bauten rückgängig zu machen. So wurde repariert, ergänzt und kopiert. Die Denkmalpflegediskussion in Deutschland habe dagegen schon früh zum "Konservieren, nicht Restaurieren" tendiert. Beides ist am Straßburger Münster zu sehen: eine beinahe vollständig erneuerte Westfassade sowie die Rettung der romanischen Vierungskuppel.

Für Mathias Hermann (er war schon zum dritten Mal dabei) ging ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung. Er konnte endlich dem "Mythos Elbert" begegnen: "Ich kannte ihn bislang nur aus Erzählungen und hörte von seinem großartigen Wissen und Engagement in der Denkmalpflege – auch in Venedig. Und jetzt hatte ich endlich die Gelegenheit, ihn kennenzulernen und sogar die Kontaktdaten auszutauschen", freute sich der Gutachter und Schreiner aus Rheinbrohl.

Der krönende Abschluss des Tages war die Besichtigung der gotischen Kirche "Saint-Pierre-le-Jeune protestant", in der noch zahlreiche romanische Bauteile erhalten sind.

Prof. Klaus Nohlen (Gutachter in Fragen der Denkmalpflege und Dozent an der ehemaligen FH Wiesbaden für Bauerhaltung und Denkmalpflege) sprach über die Rolle der Kirche im politischen und religiösen Wandel und den damit verbundenen baulichen Veränderungen: "Heute hat die Kirche mit vielen Erhaltungsproblemen, aber auch fehlenden finanziellen Mitteln zu kämpfen. Frühere Restaurierungsarbeiten mit ungeeigneten Materialien sowie die aufsteigende Feuchtigkeit haben leider zu dem schlechten Zustand, vor allem der Wandmalereien, beigetragen."

Besichtigung Baustelle am Münster
Elke Wickerath
Besichtigung Baustelle am Münster

Am dritten Tag führte der Weg zunächst nach Sessenheim, wo Maître Ebéniste Deichtmann von der Tischlerei "Ébénisterie d’Art le Chevalet" seine Restaurierungsarbeiten am Altar der Kirche "Église de la Nativité" zeigte und erklärte. Der Altar wurde komplett gereinigt, die abgebrochenen oder fehlenden Holzteile nachgeschnitzt und ergänzt, die Farben aufgefrischt und das ursprüngliche Erscheinungsbild so wieder hergestellt. Auch ein Vergolder war an den Arbeiten beteiligt.

Altararbeiten in Sessenheim
Elke Wickerath
Altararbeiten in Sessenheim

Der anschließende Besuch in der "Manufacture d'Orgues Quentin Blumenroeder" in Hagenau, die auf den Bau historischer Instrumente spezialisiert ist, war ebenfalls ein ganz besonderes Erlebnis. Orgelbauer und Teilnehmer Markus Graser aus Harthausen war sehr angetan, dass gerade sein Handwerksberuf bei dieser Reise so viel Beachtung fand. Von der Firma "Manufacture Blumenroeder" war er begeistert. "Es war ein Ausflug in die Vergangenheit", schwärmte er. "Die Firma ist in einem ehemaligen Theater und herrlichen Gebäude aus dem 18. Jahrhundert untergebracht. Hier werden traditionelle Handwerkstechniken noch richtig gelebt und eine großartige Handwerkskunst gezeigt."

Abschließend konnten die Teilnehmer noch die laufenden Sanierungsarbeiten an der Kirche "Saint-Georges" begutachten. Hierfür durften sie mit auf das Arbeitsgerüst, wo sie sich mit Handwerkern und Architekten austauschten. Auch dieser letzte Programmpunkt fand großen Anklang bei den Teilnehmern.

"Bei dieser Reise fand ein besonders intensiver fachlicher Austausch statt. Einige der teilnehmenden Betriebe konnten sich bei dem ein oder anderen Programmpunkt mit ihrem Know-how sogar selbst einbringen", erklärt Elke Wickerath, Außenwirtschaftsberaterin der Handwerkskammer der Pfalz. "Das Netzwerken von Handwerksunternehmen aus verschiedenen Ländern und die Synergieeffekte zeichnen unsere Reisen aus", ergänzt Heike Krüger, Außenwirtschaftsberatung für das hessische Handwerk. "Das Interesse ist groß und es gibt Firmen, die sind schon das zweite oder gar dritte Mal dabei. Allerdings können unsere Reisen nur so gut sein, wie wir aus der Praxis und von Experten vor Ort unterstützt werden. Denn wir möchten unsere grenzüberschreitenden Veranstaltungen ‘aus dem Handwerk für das Handwerk‘ anbieten. Neue Ideen und Kontakte haben wir aus dieser Reise schon wieder erhalten".

Sind auch Sie an Projekten oder Veranstaltungen der Außenwirtschaftsberatung interessiert, nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf: Außenwirtschaftsberatungsstelle der Handwerkskammer der Pfalz, T 06341 9664-14 oder. T 06341 9664-15, exportberatung@hwk-pfalz.de

Elke Wickerath, Handwerkskammer der Pfalz, und Heike Krüger, Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main