Überblick: Umsatzsteuer in der Bauwirtschaft
1. Regelfall: Leistender Unternehmer als Steuerschuldner, § 13 a UstG
Der Normalfall sieht vor, dass der leistende Unternehmer die Umsatzsteuer schuldet und diese auch selbst an das Finanzamt abführen muss. In der Praxis stellt der leistende Unternehmer seinem Kunden eine Rechnung über seine Leistungen zzgl. der Umsatzsteuer aus. Für diesen Fall hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) das aktualisierte Merkblatt für die Umsatzbesteuerung in der Bauwirtschaft (USt M 2) mit Schreiben vom 12. Oktober 2009 veröffentlicht. Das Merkblatt behandelt umfassend umsatzsteuerrechtliche Detailfragen im Zusammenhang mit Bauleistungen und ersetzt das Merkblatt aus dem Jahr 2004. Sie finden das Merkblatt unten als pdf-Datei.
2. Ausnahme: Leistungsempfänger als Steuerschuldner, § 13 b UstG
In der Bauwirtschaft gibt es bezüglich der Umsatzsteuer eine Besonderheit: die Steuerschuldumkehr bei der Umsatzsteuer für Bauleistungen (§ 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG).
a) Die Steuerschuldumkehr
Wenn ein Unternehmer (Auftragnehmer) eine Bauleistung an einen anderen Unternehmer (Auftraggeber) erbringt, der seinerseits ebenfalls nachhaltig Bauleistungen tätigt, geht die Umsatzsteuerschuld vom leistenden Unternehmer auf den Leistungsempfänger über. Der Auftragnehmer stellt in diesem Fall eine Nettorechnung aus und führt auch keine Umsatzsteuer mehr an das Finanzamt ab.
Der Leistungsempfänger (Auftraggeber) wird bei der Umkehr der Steuerschuldnerschaft zum Schuldner der Umsatzsteuer für die an ihn erbrachte Leistung. Der Auftraggeber berechnet dann die Umsatzsteuer auf die Nettorechnung des Auftragnehmers und führt diese an das zuständige Finanzamt ab. Da der Leistungsempfänger die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs hat, handelt es sich für ihn in der Regel um ein Nullsummenspiel.
b) Die Voraussetzungen
Die Umsatzsteuerschuld geht auf den Leistungsempfänger einer Bauleistung über, wenn er Unternehmer ist und selbst nachhaltig Bauleistungen erbringt.
Bauleistungen sind Werklieferungen und sonstige Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Der Begriff des Bauwerks ist weit auszulegen und umfasst nicht nur Gebäude, sondern darüber hinaus sämtliche irgendwie mit dem Erdboden verbundene oder infolge ihrer eigenen Schwere auf ihm ruhende, aus Baustoffen oder Bauteilen hergestellte Anlagen (z.B. Brücken, Straßen oder Tunnel).
Keine Bauleistungen sind ausdrücklich Planungs- und Überwachungsleistungen. Hierunter fallen ausschließlich planerische Leistungen (z.B. von Statikern, Architekten, Garten- und Innenarchitekten, Vermessungs-, Prüf- und Bauingenieuren), Labordienstleistungen (z.B. chemische Analyse von Baustoffen) oder reine Leistungen zur Bauüberwachung, zur Prüfung von Bauabrechnungen und zur Durchführung von Ausschreibungen und Vergaben.
Für die Verlagerung der Umsatzsteuerschuldnerschaft muss der Leistungsempfänger die Bauleistungen nachhaltig erbringen oder erbracht haben. Es ist davon auszugehen, dass der Leistungsempfänger nachhaltig Bauleistungen erbringt, wenn er im vorangegangenen Kalenderjahr Bauleistungen erbracht hat, deren Bemessungsgrundlage mehr als 10 % der Summe seiner steuerbaren und nicht steuerbaren Umsätze (Weltumsatz) betragen hat. Von der Steuerschuldnerschaft ausgenommen sind Leistungsempfänger, die nicht Unternehmer sind sowie Unternehmer mit anderen als den vorgenannten Umsätzen, z. B. Baustoffhändler, die ausschließlich Baumaterial liefern oder Unternehmer, wenn sie ausschließlich Lieferungen - und keine Werklieferungen im Sinne des § 3 Abs. 4 UStG - erbringen, die unter das GrEStG fallen.
Tipp: Legt Ihr Vertragspartner eine gültige Freistellungsbescheinigung nach § 48 EStG (Bauabzugsasteuer) vor, dürfen Sie von der Bauunternehmereigenschaft Ihres Vertragspartners ausgehen.
4. Zusammenstellung einiger Informationen zur Umsatzsteuer in der Bauwirtschaft:
- Flyer des ZDH „Umsatzsteuer bei Bauleistungen“
- BMF-Schreiben vom 21.Juli 2010: Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (§ 13b UStG);
Vordruckmuster USt 1 TS - Bescheinigung über die Ansässigkeit im Inland (§ 13b Abs. 7 Satz 4 UStG)
- BMF-Schreiben vom 11. März 2010: Neufassung der Absätze 6 und 7 des BMF-Schreibens vom 16. Oktober 2009 zur Anwendung der Steuerschuldnerschaft eines Leistungsempfängers der selbst Bauleistungen erbringt
- BMF-Schreiben vom 16. Oktober 2009: Ergänzung von Abschn. 182a Abs. 10, 11 und 17 UStR zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers
- BMF-Schreiben vom 12. Oktober 2009: Merkblatt für die Umsatzbesteuerung in der Bauwirtschaft (USt M 2)
- BMF-Schreiben vom 2. Dezember 2004: Ergänzung des BMF-Schreibens vom 31. März 2004 zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers
- BMF-Schreiben vom 31. März 2004: Erweiterung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (§ 13b UStG) auf alle Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, und auf bestimmte Bauleistungen
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